Unvergessen in vielem: die 40. REUNION Marine in Berlin/ Potsdam

Am 3. und 4. September 2017 trafen sich die Mitglieder der REUNION Marine in Potsdam und Berlin zu ihrer 40. REUNION. Auf dem Programm standen u.a. ein Besuch des Einsatzführungskommandos, die Besichtigung der Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs, sicherheitspolitische Vorträge, eine Seefahrt bei Sonnenuntergang, der Verein Seglerhaus am Wannsee, die Schiffsplanken der ROYAL LOUISE sowie eine Kranzniederlegung zu Ehren gefallener Bundeswehrsoldaten im „Wald der Erinnerung“: für alle Beteiligten in vielerlei Hinsicht unvergessene, emotional bewegende, gemeinsame zwei Tage. Vizeadmiral Brinkmann gratulierte der REUNION Marine „namens aller Matrosen“ zu ihrem Jubiläum.

Konteradmiral Hans-Christian Luther, Stellvertreter des Abteilungsleiters Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung, während seines Vortrages an die Mitglieder der REUNION Marine, am Sonntag, 3. Sep. 2017, in Potsdam. F: May-Barg.

Der Tag dieses besonderen Treffens der Mitglieder der REUNION Marine begann, sicherheitspolitisch gesehen, mit einem Paukenschlag aus Nordkorea. Am frühen Morgen des 3. September 2017 hatte das Land eine Wasserstoffbombe für Interkontinentalraketen getestet. So war der erste Programmpunkt der 40. REUNON Marine im Potsdamer Kongresshotel am Templiner See auch ein sehr aktuell politischer für die Mitglieder, die aus allen Teilen Deutschlands zu ihrem Jubiläumstreffen sowie der Mitgliederversammlung angereist waren. Denn Konteradmiral Hans-Christian Luther, Stellvertreter des Abteilungsleiters Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung, begann seinen hoch interessanten, freien Vortrag mit diesem brisanten militärischen Fakt aus den Morgenstunden jenes Tages. Admiral Luther referierte über die Aufgaben des Bundesministeriums der Verteidigung sowie die der Bundeswehr und ihre (zurzeit) 15 Einsätze. Die Welt sei durch volatile Staatsführungen, Terror, Angriffe aus dem Cyberraum, religiöse Konflikte, zerfallene Staaten, Drogenhandel und organisierte Kriminalität nicht sicherer geworden, die Herausforderungen für das Militär im Jahr 2017 damit ebenso nicht. Aus diesem globalen Krisenbogen würden strategische Ableitungen erwachsen. Admiral Luther betonte als Soldat die Bedeutung der politischen Diplomatie. Er persönlich ließ keine Frage im Raum unbeantwortet, doch ließ er alle Anwesenden an jenem Sonntag nachdenklich zurück.

Zur 40. REUNION Marine gratulierte und schickte Vizeadmiral Rainer Maria Brinkmann ein Grußwort an die Mitglieder. Jeder, der den Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte und die ihm eigene Art der Intonation und Rede zuvor erlebt hatte, hörte  „den typischen Brinkmann“ heraus, schelmisch, ernst und elegant, auch, wenn das Grußwort vom 1. Vorsitzenden der REUNION Marine, Dipl. Ing. Volker Stein, verlesenen wurde. Darin hieß es u.a.:

Wer hätte das gedacht: schon so alt und doch so beeindruckend jung geblieben, die REUNION! Zum 40. Geburtstag gratuliere ich namens aller „Matrosen“ der aktiven Marine sehr herzlich und wünsche für die nähere und weitere Zukunft alles Gute.“ (…) Ich denke, dass es in unserer schnelllebigen, skandal- und sensationslüsternen Zeit es der kontinuierlichen Vermittlung von Grundtatsachen bedarf. Insbesondere unsere Marine, die naturgemäß vorwiegend im Küstenraum präsent ist, ist auf Mittler angewiesen, die unsere Botschaften transportieren. Die REUNION (…) hilft zu verhindern, dass das maritime Geschehen und unsere maritimen Interessen der Vergesslichkeit anheimfallen.

Vizeadmiral Brinkmann bedankte sich für die „immer guten Impulse und Anregungen“, die „wohltuende Verbundenheit“ und er verband den Glückwunsch mit der Hoffnung, dass REUNION und Marine auch künftig in einer Dwarslinie, folglich in paralleler Kurslinie, den Weg in die Zukunft steuern mögen.

Abendliche Seefahrt der Mitglieder der REUNON Marine am 03. Sep. 2017, hier über den Berliner Wannsee – nach Sonnenuntergang. Foto: May-Barg.

Es folgten Berichte des Vorstandes und der Beiräte, darunter der des 2. Vorsitzenden, Dr.-Ing. Hans-Dieter Ehrenberg, zum Sachstand der neuen Marinerüstungsprojekte, interessante Berichte von Vertretern der Freundeskreise von Booten und Schiffen der REUNION Marine sowie eine Wahl von zwei neuen Beiratsmitgliedern: Peter Petschokat und Frank Pachurka.

Spotlight vom Schiffsscheinwerfer für die fotografierenden Mitglieder der REUNION Marine auf die außergewöhnliche Architek-tur der Sacrower Heilandskirche. F: M-B.

Der sonnige 3. September endete für die Mitglieder der REUNION Marine mit einer mehrstündigen, abendlichen Seefahrt an Bord der MS KÖNIGSWALD, durch die maritime Luft der UNESCO-Weltkulturerbelandschaft der Havel, entlang großartiger Parkanlagen, einzigartige Villen, italienisch anmutenden Terrassengärten, Kirchen, Schlössern und damit an 1.000 Geschichten, die man u.a. mit der Villa Liebermann, dem Haus der Wannseekonferenz, dem Strandbad Wannsee, den Eilanden Schwanenwerder und Pfaueninsel, den unzähligen Yacht-, Motorboot- und Ruderclubs dort verbinden kann. Es ging vom Anleger des Hotels, über den Templiner See, die Havel, den Tiefen See, die Glienicker Lake, den Griebnitzsee, den Prinz-Friedrich-Leopold-Kanal, den Stölpchensee, den Pohlesee, den Kleinen und Großen Wannsee und wieder über die Havel, entlang des Grunewalds, Berlins größtem Landschaftsschutzgebiet, zurück zum Schiffsanleger des Hotels.

Historischer Augenblick – Besuch der Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs

Berlin/ Potsdam: Blick von der Glienicker Brücke auf den Jungfernsee mit der wiederauf-gebauten Kaiserlichen Matro-senstation am Morgen des 4. Sep. 2017. Foto: M-B.
Schöner Augenblick: Die REUNION Marine, vertreten durch Dipl. Ing. Volker Stein sowie Dr. Hans-Dieter Ehrenberg, schenkt Michael Linckersdorff, im Vorfeld der Wiedereröffnung der Kaiserlichen Matrosenstation, zwei historische Aufnahmen. Foto: M-B.

Der erste Jubiläums-Programmpunkt für die Mitglieder der REUNION Marine zu ihrer 40. REUNION am Morgen des 4. September 2017, 9.30 Uhr, war ein Besuch der Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs in Potsdam, eine Sensation – in Anbetracht des historischen Augenblickes am Jungfernsee. Denn die Mitglieder der REUNION Marine erhielten vom Eigner, dem Berliner Unternehmer Michael Linckersdorff, als erste offizielle Gruppe überhaupt die Gelegenheit die noch im Wiederaufbau befindliche Ventehalle (Wartehalle) zu besichtigen.

Es handelt sich um die ehemalige Anlegestation der Wasserfahrzeuge des Preußischen Königshauses, die Kaiser Wilhelm II., 1892, in Verbundenheit zur norwegischen Kultur (seine Yacht HOHENZOLLERN steuerte 25 Mal das Nordland an) in norwegischer Drachenstil-Architektur in Auftrag gegeben hatte, die 1945 ausbrannte und, die dann im Grenzsteifen zwischen Ost und West in Vergessenheit geriet.  Die Grundsteinlegung zum Wiederaufbau der Matrosenstation war am 15. Mai 2010. Die Eröffnung eines Restaurants in der Ventehalle soll Ende 2017 erfolgen.

Im Vorfeld der feierlichen Wiedereröffnung überreichte die REUNION Marine Herrn Linckersdorff am 04. September zwei gerahmte historische Fotografien, beide unterschrieben vom 1. Vorsitzenden der REUNION Marine, Volker Stein, und dem Kommandeur der Marineschule Mürwik, Flottillenadmiral Kay-Achim Schönbach. Der Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse soll zum Richtfest, am 24.03. 2017, gesagt haben, dass der Wiederaufbau ein Meilenstein in der Rückgewinnung der ursprünglichen Bedeutung der Wasserlandschaft im UNESCO-Weltkultur-Erbegebiet Berlin-Potsdam sei.

(Mehr über die Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs, lesen Sie bitte in unserem ausführlichen Artikel auf unserer Webseite)

Nach dem Besuch der Matrosenstation verlegten die Mitglieder der REUNION Marine zu Fuß in die einen Steinwurf entfernte Villa Schöningen an der Glienicker Brücke, dort, wo u.a., im Kalten Krieg, die Agenten zwischen Ost und West ausgetauscht wurden.

Verein Seglerhaus am Wannsee mit Besichtigung der Miniaturfregatte ROYAL LOUISE

Mitglieder der REUNION Marine im Verein Seglerhaus am Wannsee, am 04. Sep. 2017. Foto: May-Barg.

Dann ging es von der Glienicker Brücke mit gecharterten Bussen zum Verein Seglerhaus am Wannsee, VSaW, dessen Vereinshaus im selben Jahr, 1910, gebaut wurde, wie die Marineschule Mürwik. Im alten Saal des VSaW-Clubhauses – aus der Kaiserzeit – sprach Lothar Voss, Stellvertreter des Vorsitzenden des gemeinnützigen Royal Louise Yacht- und Schifffahrtsvereins zu Potsdam e.V., der die Miniaturfregatte – mit Liegeplatz im VSaW – erhält und betreibt, zu den REUNIONsmitgliedern. Er erzählte einerseits die Clubgeschichte des Verein, andererseits über die ROYAL LOUISE und ihren britisch-preußischen Ursprung.

Heckspiegel der Miniaturfregatte ROYAL LOUISE, im VSaW. Zu Besuch an Bord: Mitglieder der REUNION Marine. Foto: Günter Olomski.

Denn die erste ROYAL LOUISE war – in Folge des gemeinsamen Sieges über Napoleon – ein Geschenk des englischen Königshauses, genauer von William IV., an den preußischen König, Friedrich Wilhelm III., das auf dem Potsdamer Jungfernsee, 1832, durch hochrangige Offiziere der Royal Navy feierlich übergeben wurde. Die Miniaturfregatte, bei der englisch-königlichen Werft in Woolwich, im Maßstab 1:3 gebaut, diente bis 1914, auf den Berliner und Potsdamer Gewässern, über fünf Generationen, den preußischen Königen, deutschen Kaisern und ihren Gästen als sportliche Segelyacht. Auf ihr lernte der Kronprinz und Auftraggeber der Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs, Kaiser Wilhelm II., das Segeln.

Die Original-ROYAL LOUISE wurde 1947, auf Anordnung des Alliierten Kontrollrates, da militärisches Denkmal in Deutschland, abgewrackt. Bei der heutigen ROYAL LOUISE handelt es sich um eine Rekonstruktion des historischen Schiffs-Geschenkes des englischen Königshauses. Die 26 m lange Miniaturfregatte wurde 1998 in Berlin von der BTG Arbeit mbH gebaut. Zertifiziert ist sie für Tagesfahrten auf Binnengewässern als auch für Küstenfahrten.

Das äußere Bild der ROYAL LOUISE entspricht in den wesentlichen Einzelheiten (wie u.a. der Takelage und der Heckgalerie) jenen Fregatten, wie sie in Großbritannien ab 1825 für die Royal Navy gebaut wurden. Wenn die Kaiserliche Matrosenstation am Potsdamer Jungfernsee wieder vollständig aufgebaut sein wird, möchten die Mitglieder der REUNION Marine die Miniaturfregatte chartern und zu ihrem ursprünglichen Ankerplatz, der Matrosenstation, nach Potsdam zum Jungfernsee segeln, dann, ganz sicher vorbei an ihrem noch historisch erhaltenen Fregattenschuppen auf der Pfaueninsel…

Einsatzführungskommando mit Kranzniederlegung zu Ehren gefallener Bundeswehrsoldaten im „Wald der Erinnerung“

Mitglieder der REUNION Marine legen zu Ehren der in den Einsatzgebieten der Bundeswehr gefallenen Soldaten im „Wald der Erinnerung“ einen Kranz nieder. Hier: der Vorsitzende, Volker Stein sowie der 2. Vorsitzende, Dr. Hans-Dieter Ehrenberg. Foto: M-B.
Mitglieder der REUNION Marine am Ehrenhain der verstorbenen Bundeswehrsoldaten des Karfreitags-gefechts, vom 02. April 2010, in Afghanistan. Foto: M-B.

Es folgte die Fahrt zum Einsatzführungskommando der Bundeswehr. Der Vortrag vom einsatzerprobten Oberstleutnant i.G. Carl-Axel Schmettkamp über aktuelle Aspekte der Einsätze der Bundeswehr sowie über die sicherheitspolitische Lage war für alle Anwesenden hoch interessant zu verfolgen.

Jeder der Teilnehmer der 40. REUNION Marine war von dem letzten Programmpunkt emotional sehr berührt. Der „Wald der Erinnerung“ am Standort des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, nahe Potsdam, vereint die in Deutschland wiederaufgebauten Ehrenhaine der Bundeswehr aus den Einsatzgebieten an einer Stelle.

Geschaffen wurden diese von den Soldaten in den Einsatzgebieten für ihre gefallenen Kameraden. Eingebettet in den natürlichen Baumbestand der Henning-von-Tresckow-Kaserne wurde auf einem circa 4.500 Quadratmeter großen Areal 2014 ein Gedenkort geschaffen, der allen Toten der Bundeswehr gewidmet ist. Dieser ergänzt das Ehrenmal am Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums. Traurig, so die Erkenntnis der Mitglieder der REUNION Marine, dass nur wenige Deutsche vom „Wald der Erinnerung“ überhaupt Kenntnis haben und, dass der Ehrenhain, auch für Angehörige und die interessierte Öffentlichkeit, nur im Passwechselverfahren – weit weg vom zentral gelegenen Deutschen Bundestag – zugänglich ist.

Eingebettet in den natürlichen Baumbestand der Henning-von-Tresckow-Kaserne wurde ein Gedenkort geschaffen, der allen Toten der Bundeswehr gewidmet ist. Foto: M-B.

Die beiden Bundeswehrsoldaten, die die Mitglieder der REUNION Marine durch den Ehrenhain führten, kannten jedes einzelne Schicksal der zu Gedenkenden und führten auf eine sehr persönliche und bewegende Art durch den Ehrenhain.

Die offizielle Einweihung des „Waldes der Erinnerung“ erfolgte am 15. November 2014. Seit dem wurden dort ebenso von offizieller Seite viele Kränze niedergelegt. Alle Kranzbänder werden aufgehoben.

Das Kranzband der REUNION Marine ist, seit Eröffnung, das 186-ste, das in ehrendem Andenken für die mehr als 100 gestorbenen Bundeswehrsoldaten unserer deutschen Parlamentsarmee niedergelegt wurde.

Text/ Fotos: J. May-Barg

 

Einsatzführungskommando der Bundeswehr: Gruppenbild der Mitglieder der 40. REUNION Marine am 04. Sep. 2017. Foto: EinsFüKdoBw.