Festakt und Symbolakt am Marine-Ehrenmal in Laboe

Kiel: Die traditionelle Kranzniederlegung am Marine-Ehrenmal in Laboe – anlässlich des Volkstrauertages – fiel in diesem Jahr mit einem bedeutenden historischen Jubiläum zusammen. Vor 100 Jahren, am 11. November 1918, endete der Erste Weltkrieg. So wurde am 16. November 2018 – durch einen Festakt im Vorfeld der Kranzniederlegung –  in besonderer Weise an den Waffenstillstand von 1918 erinnert, der die damaligen europäischen Feinde und heutigen Freunde befriedete. Zum ehrenden Gedenken der Toten beider Weltkriege kamen hochrangige nationale und internationale Gäste an die Kieler Förde. Auf der Gedenkfeier wurde der Antriebspropeller des U-Bootes UC 75 der Kaiserlichen Marine vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland offiziell an Deutschland zurück gegeben. Zudem fand ein Symposium mit dem Titel „November 2018 – Ereignis- und Wirkungsgeschichte des Matrosenaufstands“ statt. Teilnehmer der Kranzniederlegung sowie des Festaktes waren Repräsentanten aus Ländern, Vereinen, Verbänden und Institutionen, darunter auch Mitglieder der REUNION Marine. 

Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren: Das Marine-Ehrenmal Laboe ist als internationale Gedenkstätte der Erinnerung an die auf See Gefallenen aller Nationen, Soldatinnen und Soldaten als auch Zivilisten, gewidmet. Am 16. November 2018 fand dort eine gemeinsame internationale Gedenkfeier zum Volkstrauertag mit einer sich anschließenden Kranzniederlegung statt. Einladende bzw. Ausrichtende waren der Deutsche Marine Marinebund e.V. (federführend), die Marine-Offizier-Vereinigung, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. sowie die Deutsche Marine.

Heinz Maurus, Präsident des Deutschen Marinebundes e.V. Foto: DMB, A. Hub.

Laboe: 14 Uhr begann der Festakt in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals mit den geladenen Repräsentanten aus Vereinen, Verbänden und Institutionen, zudem der Präsident des Deutschen Marinebunds e.V., Heinz Maurus, insbesondere die Gäste aus dem Ausland herzlich begrüßte. „Gemeinsam erinnern wir heute an die fast zehn Millionen Gefallenen zu Land und zur See, die etwa 20 Millionen Verwundeten und die rund sieben Millionen zivilen Toten des Ersten Weltkriegs“. Maurus rief dazu auf, die Erinnerung an die Gefallenen als Mahnung für die Gegenwart und die Zukunft zu betrachten: „Wir sollten darüber nachdenken, wie wir unser Europa in Zukunft gestalten wollen: gemeinsam oder gegeneinander, als Freunde oder als Konkurrenten. Oder um es mit den Worten Jean-Claude Junckers, des Präsidenten der Europäischen Kommission, zu sagen: ‚Wer an Europa zweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!’“

Vizeadmiral Rainer Brinkmann, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte. Foto: DMB, A. Hub.

Neben Gästen und Partnern aus der deutschen Gesellschaft, Politik und Marine, waren internationale Gäste wie die in der Bundesrepublik akkreditierten Botschafter und Militärattachés geladen. Grußworte hielten der Landesvorsitzende Schleswig-Holstein des VdK, Dr. Ekkehard Klug, sowie der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Klaus Schlie, MdL. Vizeadmiral Rainer Brinkmann, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte, begann seine brillante Rede zum Volkstrauertag mit Fragen an seine Zuhörer: „Volkstrauertag – wieder so ein Relikt überkommender Zeit? (…) Passt das nicht eher zu den dunklen Kapiteln unserer Geschichte, an die wir doch eigentlich gar nicht mehr erinnert werden wollen? Ist das nicht wieder etwas für unsere Großeltern (…) Trauer passt doch auch nicht (…) zu Zeiten von Glanz und Glamour (…) Ist uns die Bedeutung des Volkstrauertages eigentlich noch wirklich bewusst? Ist er uns mehr als eine bloße Randnotiz im Kalender? (…) Kann er vor allem mehr sein? Der Volkstrauertag, so Admiral Brinkmann, sei eigentlich genau das, was Politik, Gesellschaft und Jugend braucht, um Antwort auf die großen Fragen der Zeit zu finden – ein tragfähiger Ankerpunkt an dem sich verantwortungsbewusste Friedens- und Zukunftsgestaltung fest machen könne. Volkstrauertag  sei einerseits ein Stück Gegenwart und andererseits, so hoffe er, zukunftswirksame Vergangenheit, die jeden von uns als Individuum, als handelndes Subjekt in die Pflicht nehme. Den letzten Teil seiner Rede hielt Admiral Brinkmann auf Englisch und kündigte die Ansprache des Marineattaché des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland an.

Der Marineattaché vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, Captain Andy Ewen, Royal Navy. Foto: DMB, A. Hub.
Symbolischer Akt: Rückgabe des Antriebspropellers des U-Bootes UC 75 der Kaiserlichen Marine. Foto: DMB, A. Hub.

Beeindruckend waren die Worte des Captain der Royal Navy, Andy Ewen, der wiederum seine Rede in deutscher Sprache begann: „Da ich von einer Insel komme, ist es mir immer eine große Freude (…)  zum Herzen der Marine an die Küste zurückkehren zu können. (…) Ich fühle mich sehr geehrt heute hier sein zu dürfen.“ Captain Ewen ging auf das Schicksal der Marinesoldaten auf deutscher und britischer Seite im Ersten Weltkrieg ein. Er betonte den gebührenden und großen Respekt für all jene, die ihr Leben im Kampf  ließen mussten sowie die Erinnerung an sie.  Darüber hinaus unterstrich er die heutige gemeinsame Verantwortung. Im Rahmen des Festaktes übergab Marineattaché Captain Ewen offiziell vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland einen der zwei Antriebspropeller von UC 75 der Kaiserlichen Marine an Deutschland zurück. Der Antriebspropeller des U-Bootes UC 75 wurde am 22.10.2018 beim Wehrgeschichtlichen Ausbildungszentrum der Marineschule Mürwik angeliefert. Wrackplünderer hatten die zwei noch vorhandenen Propeller vom Kriegsgrab gestohlen. Diese wurden in England vor Gericht gestellt und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Nach Abschluss der Verhandlung wurde zusammen mit der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland entschieden, dass ein Propeller in einem englischen Museum präsentiert, der andere zurück nach Deutschland gegeben werden möge. Nach Vereinnahmung in die Wehrgeschichtliche Sammlung der Marineschule Mürwik, wurde der Propeller nun in Laboe offiziell zurück gegeben. Dieser wird in den Ausstellungsflächen im Marine-Ehrenmal ausgestellt werden.

Es folgte eine sehr persönliche und nachdenklich machende Rede von Prof. Bill Niven von der Universität Nottingham-Trent. Er gab dem Festakt mit dem Vortrag „Erinnerung und Gedanken“ einen weiteren historischen Rahmen und beschrieb historische Begebenheiten, ebenso Kunstwerke und er zitierte zahlreiche Historiker, Politiker, Dichter und Journalisten zum Thema Erster Weltkrieg. Dazu beschrieb Prof. Niven dem Publikum – auf deutsch – ebenso zutiefst persönliche Beobachtungen. Er ging auf die unterschiedlichen Debatten in der Schuldfrage des Ersten Weltkrieges in Europa ein. Politik würde heute mit Geschichte gemacht. Mit dem 100. Jahrestag des Kriegsendes nehme das Interesse an Schuldfragen seiner Meinung nach ab. Man habe weniger die Kriegsbegeisterung im Kopf, viel mehr den Tod von 10 Millionen Soldaten. „Ich habe jedoch den Eindruck, dass das Kriegsende 1918, ja der Erste Weltkrieg im Allgemeinen in Deutschland, in der heutigen Erinnerungskultur nicht den Stellenwert hat, wie in Großbritannien oder Frankreich“, sagte Prof. Niven.

Laboe, 16. November 2018: Trauermarsch in die Gedenkhalle des Marine-Ehrenmals. Foto: DMB, A. Hub.

Im Anschluss an den Festakt in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals begaben sich die Teilnehmer der Kranzniederlegung in die unterirdisch gelegene Gedenkhalle des Ehrenmals. Begleitet wurde sie auf dem Weg dorthin von zwei Militärdekanen, 46 Kranzträgern – Bundeswehr-Soldatinnen und Soldaten – sowie den Schlägen der Schiffsglocke des einstigen Schlachtkreuzers SMS SEYDLITZ. In der Gedenkhalle folgte eine ökumenische Andacht sowie eine Totenehrung durch den Vorsitzenden der Marine-Offizier-Vereinigung, Vizeadmiral a.D. Wolfgang Nolting. Zu den ausländischen Delegierten gehörten: Captain Andy Ewen für die Botschaft des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland, Verteidigungsattaché Kapitän zur See Dan B. Termansen für die Königlich Dänische Botschaft, Honorarkonsul Karsten Meyer für das Italienische Generalkonsulat, Ron Inglis und Richard Buxton für den Nottingham City Council. Ebenso waren Vertreter aus der Russischen Föderation und der Ukraine als Gäste anwesend. Die Australische Botschaft sandte einen Kranz zum ehrenden Andenken.

Am Vortag der Gedenkfeierlichkeiten fand in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals ein Symposium mit dem Titel „November 2018 – Ereignis- und Wirkungsgeschichte des Matrosenaufstands“ sowie eine Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Experten sowie Führungskräften aus Gesellschaft, Marine und Gästen statt. Darunter: Generalmajor Reinhardt Zudrop, Kommandeur Zentrum Innere Führung der Bundeswehr, Flottillenadmiral Rainer Wilhelm Endres, Abteilungsleiter Personal, Ausbildung und Organisation im Marinekommando sowie Dr. Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages. Moderiert wurde das maritime Expertengespräch von Wolfgang Ludwig, Oberstleutnant a.D., Sektionsleiter Kiel der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e. V. Im 100. Jahr nach dem  Kieler Matrosenaufstand und der Novemberrevolution diskutierte man die Fragen: wie sieht die Vorgeschichte der Matrosenmeuterei aus? Wie groß war die Reichweite und welche Nachwirkungen gibt es bis in die heutige Zeit? Denn es waren Ereignisse, die weitreichende Folgen für die deutsche Geschichte sowie gravierende Auswirkungen auf die nachfolgenden deutschen Marinen hatten. Die staatspolitischen Folgen des Kieler Matrosenaufstandes vom 3. November 1918 sind hinreichend bekannt.

 

Ehrendes Andenken an die Toten auf See: 46 Kranzträger stellte die Bundeswehr für die 23 Kränze, niedergelegt in der Gedenkhalle des Marine-Ehrenmals in Laboe – von Gästen aus dem In- und Ausland am 16. Nov. 2018. Im Vordergrund, der Kranz der REUNION Marine. Foto: May-Barg.

Der Deutsche Marinebund e. V. (DMB), gegründet 1891, ist der größte maritime Interessenverband Deutschlands. Er fungiert als Dachverband von deutschlandweit mehr als 270 Vereinen sowie zahlreichen Marinekameradschaften. Der DMB ist Eigentümer der Gedenkstätte Marine-Ehrenmal, an der im Rahmen des Volkstrauertages im November traditionell eine Kranzniederlegung zu Ehren der auf See Gebliebenen aller Nationen stattfindet. Jeweils am Vorabend trifft sich der Vorstand der REUNON Marine in Laboe, dessen Mitglieder ebenso traditionell an der Kranzniederlegung im Marine-Ehrenmal teilnehmen.

Text: DMB, MSM-Chronik Okt. 2018, May-Barg.